Ernst Moritz Arndt - "Uns Arndt" in de Franzosentid
Sonderausstellung ab 15. September 2020
Ein Streiter für Freiheit, Gerechtigkeit und Einheit
Die Ausstellung würdigt Ernst Moritz Arndt als Chronisten der vorpommerschen Verhältnisse am Übergang von der schwedischen zur preußischen Periode, und sie versucht, ein Bild des jungen Arndt im napoleonischen Zeitalter („Franzosentid“) zu zeichnen. Darüber hinaus zeigt sie den fortwährenden Kampf des Publizisten für ein einheitliches deutsches Staatsgebilde, in dem seine Bürger in Freiheit und Gerechtigkeit leben könnten. Im 30. Jahr der Wiedervereinigung und im Zuge widerstreitender Entwicklungen beim europäischen Einigungsprozess wirkt die Analyse und Gedankenwelt Arndts auch nach 200 Jahren überaus anregend und frisch. Der streitbare Arndt beflügelt Prozesse und fordert bis heute zum anregenden gesellschaftlichen und offenen Diskurs heraus.
Die Ausstellung illustriert zunächst Arndts frühe Lebensjahre auf der Insel Rügen und später auf Festland-Rügen – dem Barther Land. Sie zeichnet seine Gymnasialzeit in Stralsund und seine Studentenzeit in Greifswald und Jena nach. Früh wird Arndt zum Kämpfer für Menschenrechte, Demokratie sowie nationale und bürgerliche Selbstbestimmung – gegen das „napoleonische Joch“ in Europa. Besonders erscheint die Vielfalt der Methoden, mit denen Arndt sich als Publizist, Erzähler, Historiker, Ethnologe und Theologe den verschiedenen europäischen Blickwinkeln auf die drei europäischen Narrative – Freiheit, Gerechtigkeit und Einheit – nähert.
Mit über 220 Exponaten aus ganz Deutschland dokumentiert diese Exposition vielfältige und zum Teil wenig bekannte Bestrebungen und Arbeitsfelder, so Arndts vergessene Beschäftigung mit Mode und Kleidertracht, die er als Ausdruck von Haltung, „Sitte“ und Identität analysiert und wertschätzt.
Deutlich vor den Brüdern Grimm startet Arndt seine volkskundlichen und sprachwissenschaftlichen Arbeiten vorrangig in Schweden und Vorpommern und wird zum Sammler und Schöpfer einer nordeuropäischen Sagen- und Märchenwelt. Er beschäftigt sich kritisch mit ökologischen Fragestellungen und ist mit seinen Schriften zur Pflege der Forsten und der bäuerlichen Landnutzung auch Pionier einer ökologischen Landwirtschaft.
Der „Vater Arndt“ genoss zu Lebzeiten hohe Anerkennung breiter Bevölkerungsschichten, die ihn 1848 zum Abgeordneten und anerkannten Alters- präsidenten des ersten demokratischen deutschen Parlaments in der Frankfurter Paulskirche wählten.
Inwieweit seine Äußerungen zum Judentum als antisemitisch zu bewerten sind, bleibt umstritten. Trotz seiner lebenslangen, in der Tat zuweilen haarsträubenden Missdeutungen des französischen und eben auch des jüdischen Geistes, bleibt Arndt einer der bedeutendsten Interpreten seiner Zeit und unverzichtbare Quelle für das Verständnis der Entwicklungen des frühen 19. Jahrhunderts in ganz Europa.
Unumstritten sind Arndts Verdienste um die Abschaffung der Leibeigenschaft in Pommern, sein Kampf für eine gerechtere und ethische Gesellschaft sowie seine Verdienste um die Einheit der Nation – Zielstellungen, die er über das Band der Sprache und Kultur sowie der Liebe zum Vertrauten in der Gesellschaft und in der Natur miteinander verwoben sieht.